Eine Fahrt nach Bern wird neuerdings zum sicherheitsrelevanten Problem
Die Freiheitstrychler befanden sich am vergangenen Montag mit mehreren Fahrzeugen auf dem Weg nach Bern. Bereits beim Sammelpunkt Autobahnraststätte Würenlos war die Kantonspolizei Aargau mit einem angeschriebenen Polizeifahrzeug vor Ort, welche die Fahrzeuge der Freiheitstrychler anschliessend noch ein Weile in Richtung Bern begleitete. Dies deutet auf eine kantonsübergreifende Aktion hin.
Auf der A1, Fahrbahn Bern, Höhe Einfahrt Niederbipp/Huttwil, war dann zunächst ein angeschriebenes Polizeifahrzeug auszumachen, welches auf der Sperrfläche den Verkehr überwachte. Vermutlich handelte es sich dabei um einen Vorposten. Denn kurz darauf, gegen 15:15 Uhr, wurden die Freiheitstrychler durch ein ziviles Polizeifahrzeug der Berner Kantonspolizei, zum Halt auf die Autobahnraststätte Grauholz befohlen. Die Insassen wurden im Anschluss durch Kantonspolizisten einer Personen- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Als Grund wurde „Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ angegeben. Die Fahrzeuge hätten „Demo-Charakter“. Im Anschluss wurden zwei Personenwagen-Anhänger der Freiheitstrychler sichergestellt. Der Inhalt: Mehrere Joche, Trycheln und drei Schweizerfahnen. Die Freigabe der sichergestellten Anhänger wurde auf den Mittwoch in Aussicht gestellt.
Es muss die Frage gestellt werden, auf welcher gesetzlichen Grundlage die zweitägige Sicherstellung erfolgte und warum das Zurückbehalten der Pw-Anhänger so lange dauerte. Eine sichergestellte Sache hat dem Berechtigten zurück gegeben zu werden, sobald die Voraussetzungen für die Sicherstellung weggefallen sind.
Sind Kuhglocken und Schweizerfahnen Tathilfsmittel?
Sachen dürfen sichergestellt werden, um eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, wenn anzunehmen ist, dass die Sache zu einer strafbaren Handlung dienen könnte.
Hier müsste überprüft werden, ob dies bei Trycheln und Fahnen von friedlichen Bürgern verhältnismässig ist.
Die Führung der Polizei scheint Ihre Aktion gezielt auf die Freiheitstrychler gerichtet zu haben. Bereits am 5.2.2022 erfolgte ein fragwürdiger Einsatz gegen die Trychler in St. Gallen. Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestellt werden, ob dieses Vorgehen anlässlich der regelmässig stattfindenden Polizeikommandantenkonferenzen – allenfalls in Übereinstimmung mit den Zielen der Politik – abgesprochen und abgestimmt wurden.
Weitere polizeiliche Massnahmen
Die Berner Polizei hatte sämtliche Aare-Brücken zur Berner Altstadt sowie den Bereich um den Bahnhof gesperrt, was zu erheblichen Verkehrsbehinderungen führte. Wenn die Verantwortlichen Angst hatten, dass hier ein Autozug à la kanadischem Freedom Convoy in die Stadt kommen könnte, haben die polizeilichen Gegenmassnahmen genau zu dem geführt, was man offenbar verhindern wollte: Ein Verkehrschaos.
Es muss ironisch gefragt werden, ob in Zukunft auch bei einem hupenden Hochzeits-Convoy polizeilich so verfahren wird.
Weiter wurden – zumindest teilweise dokumentiert – gezielt ausserkantonale Kontrollschilder erfasst, die entsprechenden Fahrzeuglenker angehalten und kontrolliert. Mehrere von ihnen erhielten anschliessend eine mündliche Wegweisung für die gesamte Stadt Bern für 24 Stunden. Dies, obwohl es teilweise verlangt wurde, ohne jegliche Schriftlichkeiten. Ein Betroffener berichtete Wir für Euch davon, dass dies ihm gegenüber mit der Begründung erfolgt sei, dass man ob der ausserkantonalen Kontrollschilder mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehe, dass er zum „Convoy“ gehöre.
Welchem weiteren Zweck die Erfassung der ausserkantonalen Kontrollschilder dienen sollte und wie diese Daten allenfalls verwendet und gespeichert werden, ist fragwürdig. Ebenfalls, ob neuerdings die Fahrt mit einem ausserkantonal immatrikulierten Fahrzeug nach Bern bereits als Verdacht einer Beteiligung an einer möglichen Demonstration – im Sinne der Abkehr von der Unschuldsvermutung – gewertet wird. Der Fichenskandal ab 1989 scheint bereits in Vergessenheit geraten zu sein.
Es sollte auf keinen Fall Schule machen, polizeilich gut zu bewältigende und überschaubare Probleme wie das Läuten von Kuhglocken in Sennenkutten derart hochzustilisieren, um einschneidende und unverhältnismässige Massnahmen zu rechtfertigen. Durch das Missachten der Grundsätze polizeilichen Handels wird die Glaubwürdigkeit und das hohe Ansehen der Schweizerischen Polizei beschädigt.